Der Wortherkunft nach bedeutet Fotografie bekanntlich „Zeichnen mit Licht“. Licht ist der Werkstoff der Fotografie, und deshalb sollte jeder Fotobegeisterte mit den ästhetischen und gestalterischen Möglichkeiten des Lichts vertraut sein.

Eib Eibelshäusers profundes Werk Licht. Die große Fotoschule fächert das Thema auf über 400 Seiten in all seinen Facetten auf. Das Buch ist sowohl als Hardcover als auch als E-Book erhältlich. Die Darstellung gliedert sich in elf Kapitel, aufgelockert durch eingestreute Exkurse, in denen Spezialthemen wie etwa die Astrofotografie behandelt werden.

Bevor es die Fotografie gab, war die künstlerische Beherrschung des Lichts allein der Malerei vorbehalten. Eibelshäuser wendet sich daher im ersten Kapitel, das die Überschrift „Das gemalte Licht“ trägt, den alten Meistern zu und zeigt, mit welchen subtilen Mitteln sie das Wechselspiel von Licht und Schatten auf Leinwand bannten. Gleichzeitig leitet er den Leser an, die eigene Lichtwahrnehmung zu schulen, wozu vor allem auch gehört, die Bedeutung des Schattens zu verstehen. Das erste Kapitel schließt mit einer Erörterung des Unterschieds zwischen Sehen und Wahrnehmen und mit einem historischen Rückblick auf den Übergang von der Porträtmalerei zur Fotografie.

Das zweite Kapitel („Das fotografierte Licht“) erläutert die naturwissenschaftlichen Grundlagen des Lichts und widmet sich dann dem technischen und ästhetischen Wandel der Lichtgestaltung von den 1920er-Jahren bis zu den heutigen Möglichkeiten computergenerierter 3D-Bilder.

„Wir brauchen […] den Schatten, um das Licht zu sehen. Das klingt seltsam, ist aber so. Sie müssen also einiges über die Wichtigkeit des Schattens lernen, um Ihr Licht richtig verstehen und formen zu können.“ (S. 35)

Die nächsten beiden Kapitel befassen sich mit zwei großen Gattungen der Fotografie, der Landschafts- und der Porträtfotografie. Hier geht es um praktische Hilfestellungen: Wie meistert man extreme Lichtverhältnisse? Welche Vorteile bietet das RAW-Format? Wie erstellt man Belichtungsreihen und HDR-Bilder? Der Autor gibt wertvolle Tipps, wie man das Licht am besten im Tages- und Jahresverlauf nutzt, welche Lichtstimmungen zu welchen Motiven passen und wie Polarisations-, ND- und andere Filter sinnvoll in der Landschaftsfotografie eingesetzt werden können.

Das Kapitel zur Porträtfotografie setzt sich mit der Aufgabe auseinander, die richtige Zeit und den passenden Ort für Porträts im Freien zu finden. Oftmals muss der Fotograf mit Hilfsmitteln arbeiten, um eine optimale Lichtführung zu realisieren: Eibelshäuser demonstriert anhand verschiedener Beispiele die Verwendung von Aufhellern, Diffusoren und Abschattern.

Auch wer sich nur am Rande fürs Fotografieren interessiert, hat schon einmal den Begriff der blauen Stunde gehört, die im Mittelpunkt des fünften Kapitels steht. Der Leser erfährt nicht nur, wie das Licht am Morgen und in der Abenddämmerung wirkt und wie es am besten fotografisch zu nutzen ist, sondern auch, wie schwierige Lichtsituationen, in denen eine Szene nur von beleuchteten Häusern, Straßenlaternen oder Mondschein erhellt wird, zu meistern sind.

Das sechste Kapitel beschreibt den kreativen Umgang mit Langzeitbelichtungen. Nach der Klärung der technischen Voraussetzungen werden Fotobeispiele sowohl mit bewegter als auch mit statischer Kamera vorgestellt. Das sich anschließende Kapitel ist der sogenannten Available-Light-Fotografie gewidmet, die zu den anspruchvollsten Genres gehört, weil der Fotograf oft in kürzester Zeit die richtigen Entscheidungen zu Blende, Verschlusszeit und Bildausschnitt treffen muss, um einen flüchtigen Moment einzufangen. Auch zu diesem Thema liefert der Autor vielfältiges Ansschauungsmaterial, ist aber auch selbstkritisch genug, um die Dinge zu benennen, die ihm nicht hundertprozentig gelungen sind.

Im Kapitel 8 dreht sich alles um Studioräume und Studiolicht. Der Autor zeigt, welche beeindruckenden Möglichkeiten professionelle Fotostudios bieten, die mit wandgroßen Hohlkehlen und riesigen Diffusor-Segeln ausgestattet sind. Er gibt aber auch praktische Tipps für die Einrichtung eines kleinen Hobbyfotostudios. Außerordentlich hilfreich sind Eibelshäusers Ausführungen zu der Frage, für welche Aufnahmesituationen Blitzanlagen bzw. Dauerlichtlampen jeweils am besten geeignet sind.

„Gutes Licht im Studio bedeutet nicht, dass Sie die teuersten Studioanlagen einsetzen, sondern eigene Ideen zielgerichtet realisieren.“ (S. 262)

Lichtformer waren bereits ein Thema im vierten Kapitel. Ging es dort vorrangig um ihren Einsatz in der Outdoor-Porträtfotografie, behandelt das neunte Kapitel die Verwendung von Lichtformern im Studioalltag. An Beispielen aus der Porträt- und Produktfotografie erläutert der Autor, wie ein Lichtsetting aufgebaut wird und für welche Zwecke ein Beauty-Dish, Softboxen, Striplights, Waben, Schirme und andere Lichtformer geeignet sind.

Das Kapitel dürfte Anfängern die Orientierung im Dschungel des Studiozubehörs erleichtern und sie vor dem Kauf von teuren Ausrüstungsgegenständen bewahren, die sie gar nicht benötigen.

Aufsteckblitze bergen das größte Frustrationspotenzial für Fotoneulinge. Das weiß auch Eib Eibelshäuser, und deshalb liefert er mit dem zehnten Kapitel einen praxisorientierten Leitfaden zur richtigen Verwendung eines Aufsteckblitzes ab. Der Leser lernt nicht nur, was Blitzen mit TTL, E-TTL und Verschlussvorhängen zu tun hat, sondern vor allem, wie er sein Blitzgerät optimal einsetzt und wie er bestimmte Lichteffekte erzielen kann. Ein Kapitel über Lightpainting mit LEDs rundet das Buch schließlich ab.

Licht ist das fotografische Lebensthema von Eib Eibelshäuser, das er in diesem Werk souverän ausgearbeitet hat. Trotz der enzyklopädischen Gründlichkeit, mit der der Autor den ästhetisch-gestalterischen Fragen der Lichtführung nachgeht, wirkt das Buch nicht einschüchternd, sondern lädt vielmehr zum Experimentieren ein.

Eib Eibelshäuser: Licht. Die große Fotoschule, 417 Seiten, Format 21,7 x 24,4 cm, Hardcover, EUR 39,90 (ISBN 978-3836230681)

Bezugsquelle
Hardcover: Amazon
E-Book: Rheinwerk Verlag

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